oder
Sun, Beach, HAM Radio - Repeat
Bereits zu Beginn des Jahres 2023 hatte ich beschlossen, mal wieder Urlaub in Fuerteventura zu machen. Seit 1991 war ich schon unzählige Male dort gewesen, genauer in Corralejo, im Norden der Insel, und kenne mich daher dort sehr gut aus. Schnell war auch die Idee geboren, meine kleine Portabel-Funkausrüstung mitzunehmen, um eine Flora&Fauna-Aktivierung zu machen. Von der Südgrenze des Ortes Corralejo erstreckt sich am Meer auf einer Fläche von rund 26 km² der Naturpark Corralejo, der die Flora&Fauna-Referenz EAFF-063 hat. Der Park besteht vor allem aus Muschelkalk-Sand, welcher die bei den Urlaubern so beliebten langen Strände und Dünen bildet.
Flug und Airbnb-Unterkunft waren schnell gebucht. Auch ein Fahrrad reservierte ich mir. Nun stellte ich meine Funkausrüstung zusammen. Da ich allein unterwegs sein würde, war es sehr wichtig, dass sich alles gut und sicher von einer Person transportieren ließ. Und natürlich wollte ich keine Probleme bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen haben. Also erkundigte ich mich ausführlich, was mit an Bord des Flugzeuges genommen werden darf, und was in das Aufgabegepäck muss.
Die einzelnen Gepäckstücke müssen bestimmte Maße einhalten. Dann kann man ein Handgepäckstück im Fach über dem Sitz verstauen, und ein kleineres unter den Vordersitz schieben. Größere Koffer muss man natürlich aufgeben. Ich musste mir also genau überlegen, was ich wo und wie einpacke.
Für meine Portabel-Aktivitäten habe ich mir schon vor einiger Zeit einen Fotorucksack angeschafft und zum Funkrucksack umfunktioniert. Hierin hat meine komplette kleine Portabel-Ausrüstung Platz. Für die Reise verstaute ich aber nur mein Yaesu FT 857d, meinen kleinen LiFePo Akku mit 4,8 Ah, 60 Wh (bis 100 Wh sind an Bord des Flugzeuges erlaubt) und mein kleines LenovoThinkpad mit Powerbank darin. Es war zusätzlich noch Platz für ein Handy, Geldbörse und anderen Kleinkram. In den Koffer, den ich aufgeben wollte, packte ich den 6m-Teleskopmast, die Triband-DX-Drahtantenne, Koax- und Stromkabel, Kopfhörer und Ladegeräte für den Akku und das Thinkpad. Außerdem hatte ich mir kürzlich eine Teleskopantenne für das 20m-Band von MFJ angeschafft. Diese wollte ich in den Dünen von Corralejo ausprobieren. Bikini & Co. brauchte ich natürlich auch. Für meine Bademode und andere Kleidung hatte ich einen kleinen Hartschalenkoffer als Handgepäck vorgesehen. Es lief also für eine Woche Urlaub auf drei Gepäckstücke hinaus.
Am 11. November ging es dann endlich los. Den größeren Koffer checkte ich am BER selber an einem der Automaten ein. Für die Sicherheitskontrolle mit Handgepäck hatte ich mir ein Zeitfenster auf BER Runway reserviert. Hier braucht man nicht lange in einer Schlange zu warten, sondern kommt sehr zügig dran. Für mich hieß es nun, meinen Funk-Rucksack auszupacken und den Inhalt in die kleinen Wannen zu verteilen, die sodann durchleuchtet wurden. Das Interesse der Security war hier schon geweckt. Natürlich wurde ich mit meiner Ausrüstung auf die Seite genommen. Na, was haben wir denn da...ein Amateurfunkgerät...aha...und mit wem funkt man da so? Und worüber? Und wie weit? Und was ist das für ein Akku? Dass ich das Datenblatt für den Akku dabei hatte, wurde gelobt, angeschaut wurde es aber nicht. Die Herren waren tatsächlich sehr freundlich und interessiert. Am Yaesu wurde dann noch ein ETD-Test (Explosive Trace Detection, ein Wischtest für Sprengstoff) durchgeführt, dann durfte ich alles wieder einpacken und war durch.
Mit Rucksack und Handgepäckköfferchen stieg ich ins Flugzeug. Den Rucksack schob ich, wie geplant, unter den Sitz vor mir. Er passte und ich hatte immer noch Platz, um mal die Beine auszustrecken, das andere Köfferchen kam in das Gepäckfach über den Sitzen. Mit einer Stunde Verspätung hob die Maschine endlich ab, und nach knapp fünf Stunden Flug landete ich auf Fuerteventura, der Urlaub konnte beginnen.
Meine Unterkunft war ein hübsches, geräumiges Appartement nahe am Ortsrand von Corralejo, mit Schlafzimmer, Küchenzeile, modernem Bad und gemütlich-rustikalem Wohnzimmer. Auch eine große Terrasse gehörte dazu. Ich fühlte mich sofort wie zuhause. Der blaue Himmel und die hochsommerlichen Temperaturen sorgten bei mir für Urlaubslaune.
Am Tag nach der Ankunft wollte ich nach dem Frühstück zunächst aus dem Appartment qrv sein. Auf der Terrasse ließ sich der Teleskopmast problemlos an einem Schirmständer befestigen. Schnell war die Antenne hochgezogen und das Radial zum Treppengeländer hin abgespannt. Das Yaesu platzierte ich auf dem Sofatisch und verband es mit Antenne und Akku. Schließlich schaltete ich voller Vorfreude ein. Die Ernüchterung folgte auf dem Fuße in Form einer Störung bei S9+. Ein hässliches Knarzen und Knacken, das sicher von einem billigen elektronischen Gerät im Appartement verursacht wurde. Ich hatte den Moviestar-Router in Verdacht und nahm ihn vom Strom, jedoch ohne Erfolg, es knarzte immer noch. Vielleicht der Kühlschrank? Auch diesen schaltete ich aus. Das hässliche Geräusch blieb. Irgendwann war alles, was ich ausknipsen konnte, ausgeknipst, aber ich konnte immer noch nicht funken. Frustriert gab ich auf. Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen. Für heute war das Funkexperiment erledigt und ich packte meine Badetasche. Auf dem Weg zum Strand überlegt ich schon, was ich morgen noch ausprobieren könnte.
Meine erste Funkaktivität in den Dünen von Corralejo hatte ich für den nächsten Tag, den 13. November, geplant. Gegen 11:00 Uhr Lokalzeit (= UTC) schwang ich mir den Funkrucksack auf den Rücken, in dem nun auch die MFJ-Teleskopantenne mit Radial verstaut war, und im Korb meines Fahrrades transportierte ich eine Tasche mit Strandtüchern, etwas Verpflegung und ausreichend Sonnenmilch. Ich wollte mein portables Shack auf einer Düne einrichten, wo ich allerdings wegen des weichen, tiefen Sandes den Mast nicht aufstellen konnte.
Nun radelte ich los von meinem Appartement bis zu den beiden Hotels ,die schon seit den 1970iger Jahren am großen Strand stehen (damals war das Gebiet noch kein Naturpark). Dort konnte ich mein Fahrrad anschließen, und nun ging es zu Fuß weiter, ca. 1,5 km am Meer entlang. Die Sonne schien erbarmungslos, und es wehte kein Lüftchen. Diese Windstille ist sehr ungewöhnlich für Fuerteventura, aber zumindest würde ich nicht Gefahr laufen, dass meine Ausrüstung durch umherwirbelnden Sand Schaden nahm. Bei den großen Dünen angekommen, suchte ich mir die geeignetste für mein Vorhaben aus, kletterte hinauf und legte meine Strandtücher aus. Der Aufbau der Geräte war weder schwierig noch zeitraubend, so dass ich wenig später auf Empfang war. Doch dann kam die nächste Enttäuschung. Das 20m-Band schien tot. Oder lag es an der Teleskopantenne? Hatte der Transceiver beim Transport Schaden genommen? Hatte ich etwas falsch aufgebaut? Ich wollte nicht aufgeben. Noch einmal prüfte ich das SWR, dann wählte ich eine beliebte Flora&Fauna-Frequenz, 14,244 Mhz, und fing an, CQ zu rufen. Mein Ruf wurde nicht gehört. Das Rauschen des Lüfters vom Yaesu mischte sich mit dem Rauschen des Meeres, mehr war nicht zu hören. Tatsächlich hörte der Lüfter gar nicht mehr auf zu arbeiten, obwohl ich dem Funkgerät mit einem Handtuch einen schattigen Unterstand gebaut hatte. Die Luft glühte, und ich hatte schon einen Sonnenbrand auf den Schultern. Das war wohl nix, dachte ich, und packte alles wieder ein. Jetzt brauchte ich eine Abkühlung. Direkt am Wasser breitete ich mein Strandtuch wieder aus und sprang in den Atlantik. Ich musste mir für die Funkerei einen anderen, besseren Standort suchen.
Zurück im Appartement sah ich mir auf www.dr2w.de eine Animation zu den Ausbreitungsbedingungen in meiner Region für diesen Tag an. Demnach war genau zu der Zeit, als ich in sengender Sonne mit meiner Ausrüstung auf der Düne gehockt hatte, die DX-Propagation im dunkelblauen Bereich, mithin bei 0 db. Das hätte also auch mit einer anderen Antenne nicht funktioniert. Im Laufe des Nachmittags änderte sich das aber rapide zum Positiven. Auch Dienstag und Mittwoch beobachtete ich diese Entwicklung, und es war jeden Tag das gleiche Bild. Ich war nun zuversichtlich, zum späten Nachmittag eine Chance für eine erfolgreiche Aktivität zu haben.Nun hielt ich Ausschau nach einem geeigneteren Standort. Er musste innerhalb des Naturparks liegen, sollte nicht allzu weit von meinem Appartement entfernt sein, und die Möglichkeit bieten, den Teleskopmast aufzustellen, denn ich wollte mit der Drahtantenne an den Start gehen. Schließlich fand ich einen vielversprechenden Platz in einer Steinburg, die von Urlaubern hinter einer Düne aus schwarzen Lavasteinen errichtet worden war. Die Düne hatte sich um bzw. in einem hier typischen Strauch, dem Traganum moquinii, gebildet. Der Strauch ragte hoch über die Düne hinaus und war so zugleich Sicht- und Windschutz.
Am Donnerstag, es war der 16. November, verbrachte ich den Tag zunächst am Strand bei den großen Dünen. Gegen 14:00 Uhr war ich wieder zuhause und packte in Ruhe alles zusammen, was ich für den Funkeinsatz brauchte. Um 15.45 Uhr radelte ich los. Die Sonne stand schon etwas tiefer über dem Horizont, als ich mein Ziel erreichte, und es war immer noch angenehm warm.
Das Fahrrad schloss ich an einem Straßenpfosten an, denn hier konnte ich es nicht in den Naturpark mitnehmen. Zwar gibt es in diesem Bereich Pfade für Radfahrer im Park, die führen aber nicht da hin, wo ich hin wollte. An „meiner“ Dünenburg angekommen, klemmte ich zunächst den Teleskopmast zwischen den Lavasteinen fest. Die Antenne hatte ich vorher daran befestigt. Dank der immer noch herrschenden Windstille hatte ich keine Probleme, den Mast auszufahren und musste ihn auch nicht abspannen. Das Radial ließ sich prima in den Zweigen des Strauches aufhängen. Nun noch alle Geräte aufstellen, anschließen, das Logbuchprogramm starten und Funkgerät einschalten. Um 17:00 UTC war ich als EA8/DK3YB/p qrv und endlich – ENDLICH – hörte sich alles „normal“ an. Ich drehte über das 20m-Band und konnte viele Stationen aufnehmen. Auf 14,270 Mhz rief SM5ZCJ, Dirk aus der Nähe von Stockholm, CQ. Wir kannten uns schon aus vorherigen Verbindungen, und er gab mir mit 57 einen passablen Rapport. Ich arbeitete mit 50 W, das reichte offensichtlich mehr als aus. Nun konnte ich mir eine freie Frequenz suchen und die Flora&Fauna-Referenz EAFF-063 unter den „Huntern“ verteilen. Offensichtlich hatte mich sogleich jemand ins Cluster geschrieben, denn es brach ein ungeahnter Pile-Up über mich herein. Bis 18:00 UTC hatte ich insgesamt 50 QSOs im Log. Ich war so mit Funken beschäftigt, dass mir nicht aufgefallen war, das es dunkel wurde. Ich verabschiedete mich bei der FF-Fangemeinde und versprach, die Aktivierung morgen fortzusetzen. Dann beeilte ich mich, meine Sachen wieder einzupacken. In der Dämmerung machte ich mich auf den Rückweg zum Fahrrad. Auf der Heimfahrt konnte ich es noch immer kaum glauben, wie gut diesmal alles gelaufen war.
Den nächsten Tag, es war mein letzter Urlaubstag, teilte ich mir wieder genauso ein. Diesmal war ich aber ein wenig früher am Start und schon ab 16:30 Uhr auf 15m qrv. Doch leider war das Band vollständig „dicht“. DK4BU, Jürgen aus Wipperfürth, kam ein wenig durch, war aber schlecht zu verstehen. Umgekehrt war es genauso, da half es auch nicht, die Leistung auf 100 W heraufzusetzen. Also ging ich doch wieder auf 20m. DK4BU ging mit und so konnte ich auf 14,200 Mhz das erste erfolgreiche QSO des Tages fahren. Dann hörte ich eine weitere vertraute Modulation: DM5RS, Ralf aus dem Westerwald – wir kennen ihn als Moderator des Berlin-Westerwald-Echolink-Skeds auf DB0SP. Die Verbindung klappte sehr gut, und ich war mir sicher, dass sich die Ausbreitungsbedingungen während der nächsten halben Stunde noch verbessern würden.
Es war dann das gleiche Spiel wie am Vortag. Nach kurzer Zeit gab es schon 6 Cluster-Einträge, und ich konnte mich vor Anrufern kaum retten. Diesmal waren auch Stationen aus USA und Canada dabei, aber überwiegend loggte ich Europäische OMs, vor allem aus Spanien. Hier saß ich also auf einem Badetuch hinter einer Düne am Strand von Fuerteventura, mit Kopfhörer, Mikrofon und Laptop, und loggte eine Verbindung nach der anderen. Mein Signal wurde oft gelobt, ich bekam Rapporte von 59+10, und mehr als einmal wurde ich nach meinem Set-Up gefragt. Der Pile-Up wurde so heftig, dass ich anfing, Stationen nach Nummern aufzurufen. Aber das funktionierte nicht lange, es gab doch immer wieder „Kandidaten“, die scheinbar ihr eigenes Rufzeichen nicht kennen oder eine 3 nicht von einer 5 unterscheiden können. Also gab ich es auf, und loggte wieder, was ich hören konnte. Und dann passierte es, mitten im QSO mit DL3YBR machte es „klack“, und der Transceiver war aus. Der Akku war offensichtlich leer. Ich hatte vergessen, die Leistung wieder herabzusetzen und die ganze Zeit mit 100 W gearbeitet. So ärgerlich das war, konnte ich nun wenigsten noch bei einigermaßen Tageslicht (es war 17:39 UTC) wieder alles einpacken und den Heimweg antreten. Heute waren es 87 QSOs.
Auf dem Rückweg gab ich meinen Drahtesel wieder bei der Fahrradvermietung ab und bewältigte den Rest des Weges zu Fuß. Ein wenig war ich traurig, dass das Abenteuer für diesmal schon vorbei war, aber auch ziemlich stolz, dass ich diese Mini-DXpedition alleine „gewuppt“ hatte.
Bleibt nur noch zu berichten, dass mir auch die Kontrolleure am Flughafen von Fuerteventura keine Probleme machten. Im Gegenteil, die waren sogar noch etwas entspannter, nahmen jedes Gerät einmal kurz in die Hand, um es von allen Seiten zu beäugen, studierten vor allem den Akku, und winkten mich dann durch, diesmal ohne Sprengstofftest.
Man braucht tatsächlich nicht viel für eine Mini-DXpedition, es muss nur irgendwie in einen Rucksack passen. Und man muss manchmal hartnäckig sein und ein wenig Erfindungsgeist haben, der Spaß kommt dann von ganz allein.
In diesem Sinne: Make green your shack and good dx!
73 + 44 de DK3YB, Biggi